Er ist erwachsen geworden
Rufus Wainwright sang am 24.07.2018 im Frankfurter Palmengarten
Was für ein herrlicher Sommerabend. Es war reinster Genuss für die rund 600 Zuschauer, die am Dienstagabend aus der heißen Metropole in den Palmengarten strömten um großartiger Musik zu lauschen und einen Entertainer par Exellence zu erleben - Rufus Wainwright.
Seit fast zwanzig Jahren ist der amerikanisch-kanadische Singer-Songwriter nun schon im Geschäft. Er hat zwei Opern geschrieben und fiel immer wieder durch skurrile und extravagante Auftritte auf, mal nur im String oder auch mal als Diva mit Federboa. Ganz anders legt er diesen Abend im Frankfurt an. Fast bescheiden betritt er die Bühne in einem grüngoldenen Lurexoutfit (aufgrund der Temperaturen verzichtet er auf aufs Sakko und trägt lediglich Weste), setzt sich an den Flügel und stimmt „Beauty Mark“, einen Song aus seinen Anfängen an. Er lässt erst gar keine Möglichkeit aufkommen, dass eine Kluft zwischen Akteur und Publikum entsteht. Der Funke springt sofort über. In einer kurzen Begrüßung vergleicht er die Location mit dem New Yorker Central Park und spöttelt, dass uns die Mücken an diesem Abend nicht umbringen mögen. Zwei weitere Songs „Vibrate“ und „Memphis Skyline“ folgen bevor er zur Akustikgitarre greift und seinen Hit „Out of the game“ anstimmt. Auch an diesem Instrument ist er gut, seine Passion liegt aber eindeutig am Flügel.
(Copyright Barbara Ruda)
Immer wieder plaudert der Fünfundvierzigjährige aus seinem Privatleben, erzählt augenzwinkernd von seinem deutschen Ehemann Jörn Weisbrodt, der ihn jedes Mal „nötigt“ einen Song über ihn auf seine nächste Produktion zu bringen. Für das Frühjahr 2019 plant Rufus Wainwright eine Jubiläumstournee, die ihn am 13. April 2019 auch nach Hamburg ins Kampnagel führen wird. Aus seinem noch nicht erschienenen Album „Poses“ stellt er drei Lieder an diesem Abend vor. Besonders eindringlich kommt dabei die Ballade „Every morning madness“ über die Rampe. Der Text handelt von den Qualen einer durchzechten Nacht. Mit dem „Trump Song“ wagt sich der Künstler erstmals in den Rappbereich und wird dabei von einer Komparsin unterstützt, die die Rolle der Melania Trump gibt, sehr zum Vergnügen des Publikums.
Es wird schnell klar, dass an diesem Abend keine Dutzendware präsentiert wird. Die Stimme des Künstlers ist facettenreich, man merkt seine Affinität zur Oper. Einige Songs intoniert er zu Beginn fast wie eine Arie, spannt dann aber gekonnt den Bogen daraus ein Chanson, eine Ballade oder einen Popsong zu machen. Gelegentlich wird wohltemperiert Hall eingesetzt. „Candles“ interpretiert er a cappella und beweist damit was für hervorragender Sänger er ist. Seine Zwischenmoderationen wirken spontan und oft witzig.
Natürlich dürfen an diesem Abend Lieder von Leonard Cohen nicht fehlen. „So long, Marianne“ singt er zur Gitarre in einer heiteren Version, mit „Hallelujah“ gelingt es dem Akteur aus einem Coversong etwas total Eigenes zu machen.
Nach über hundert Minuten dankt das Publikum Rufus Wainwrigt mit stehenden Ovationen. Es ist sehr wohltuend ein Konzert zu erleben, das von Anfang bis Ende auf Plastik verzichtet und ausschließlich sauberste Töne, sowohl stimmlich als auch instrumental, präsentiert. Hier hat jemand eine großartige und ehrliche Arbeit abgeliefert. Hier ist jemand gereift und erwachsen geworden. Danke Rufus!
He's grown up.
Rufus Wainwright sang on Tuesday evening in Frankfurt's Palmengarten
What a lovely summer night. It was pure pleasure for the 600 spectators who streamed out of the hot metropolis into the Palmengarten on Tuesday evening to listen to great music and experience an entertainer par excellence - Rufus Wainwright.
The American-Canadian singer-songwriter has been in business for almost twenty years now. He has written two operas and is known for his bizarre and extravagant performances, sometimes only in a string or also as a diva with feather boa. This evening in Frankfurt is a completely different story. Almost modestly he enters the stage in a green-golden lurex outfit (due to the temperatures he does without a jacket and wears only a vest), sits down at the piano and tunes "Beauty Mark", a song from his beginnings. He makes it impossible to create a gap between actor and audience. The spark jumps immediately. In a short welcome he compares the location with New York's Central Park and mocks that the mosquitoes won't kill us that evening. Two more songs "Vibrate" and "Memphis Skyline" follow before he grabs the acoustic guitar and starts his hit "Out of the game". He is also good with this instrument, but his passion is clearly in the piano.
Time and again the forty-five-year-old talks about his private life, tells of his german husband Jörn Weisbrodt with a wink, who "coerces" him every time to bring a song about him to his next production. Rufus Wainwright is planning an anniversary tour for spring 2019, which will also take him to Kampnagel in Hamburg on 13 April 2019. From his not yet released album "Poses" he presents three songs that evening. The ballad "Every morning madness" comes particularly forcefully thereby over the ramp. The text is about the agonies of a night of drinking. With the "Trump Song", the artist ventures into the rap realm for the first time and is supported by an extra who gives the role of Melania Trump, much to the delight of the audience.
It soon becomes clear that no dozen goods will be presented this evening. The voice of the artist is multi-faceted, one notices his affinity to opera. At the beginning he intones some songs almost like an aria, but then skilfully turns them into a chanson, a ballad or a pop song. Occasionally well tempered reverb is used. "Candles" he interprets a cappella and proves what an excellent singer he is. His intermediate moderations appear spontaneous and often funny.
Of course, songs by Leonard Cohen are not to be missed this evening. "So long, Marianne" he sings to the guitar in a cheerful version, with "Hallelujah" the actor manages to make something totally unique out of a cover song.
After more than a hundred minutes, the audience thanks Rufus Wainwrigt with a standing ovation. It is very pleasant to experience a concert that does without plastic from beginning to end and presents only the cleanest sounds, both vocal and instrumental. Somebody did a great and honest job here. Someone has matured and grown up here. Thank you so much, Rufus!
Reinste Töne schwebten durch den Raum
Rufus Wainwright gastierte am 25. August 2017 in der Elbphilharmonie
Am Flügel Mark Hummel davor Rufus Wainwright während seiner Judy-Garland-Performance
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Claudia Höhne)
Er gilt seit Jahren als Weltstar und Nischenkünstler zugleich. Sein Repertoire erststreckt sich über Pop, Musical bis hin zur Oper. Jetzt gastierte der Kanadier erstmals in der Hamburger Elbphilharmonie – Rufus Wainwright!
Schon beim Betreten des Konzertsaales macht sich ein fast von Leichtigkeit erdrückendes Gefühl beim Zuschauer breit. Das Haus gilt als eines der allerbesten seines Genres weltweit. Alles wirkt spartanisch, man spürt sofort, dass es hier einzig und allein um Musik geht. Selbst der Flügel auf der Aktionsfläche wirkt ein wenig verloren. Und dann ist es soweit! Rufus Wainwright betritt das Geschehen und beginnt seine Show der Ausnahmeklasse. „Mir ist klar, dass auch Fans hier sind, aber viele wollten die Elbphilharmonie auch von innen sehen. Also lasst uns die Akustik gemeinsam entdecken.“: spöttelt er in seiner liebenswürdigen Art und hat das Publikum sofort auf seiner Seite. Er wirkt – jetzt mit Bart – etwas verfremdet, aber das sind nur Äußerlichkeiten. Seine Erschöpfung vom Jetlag die er vorab in einem NDR-Interview kund tat merkt man ihm nicht an. Nach ein paar eigenen Songs, bei denen er sich selbst begleitet setzt sich nun Mark Hummel an den Flügel und Wainwright singt Auszüge aus seinem bereits 2007 aufgeführten Programm "Rufus Does Judy At Carnegie Hall". Nein, er singt nicht, mit seinem elegischen Posing wird er zu einer Art Reinkarnation von Judy Garland. Der Singer-Songwriter versteht es bis ins Detail Coverversionen einen Charakter zu geben, der diese Lieder zu seinen eigenen macht. „Foggy day“ oder „I can’t give you anything but love“ wurden schon hundertfach gecovert von anderen Künstler, erreichten aber nie das Niveau wie bei Rufus Wainwright. Leider erlaubt die Architektur der Konzerthalle nicht allen Zuschauern gleichzeitig den Blick ins Gesicht und der damit verbundene Mimik und Gestik des Akteurs, aber ihn nur zu hören ist ein Genuss. Es besteht überhaupt keine Gefahr, dass seine tonsichere Stimme von der Halle geschluckt wird. Vielmehr macht sich ein Eindruck breit, dass Töne durch den Raum schweben und sich wohlklingend in jeden einzeln Gehörgang setzen. Besonders kommt das bei zwei A-Cappella-Stücken zum Tragen.
Immer wieder plaudert Rufus Wainwright locker über sein Privatleben, am liebsten über seinen deutschen Ehemann Jörn Weisbrodt, dessen Eltern an diesem Abend ihre Goldene Hochzeit feiern.
Um dem klassischen Teil Tribut zu zollen singt der Kanadier Shakespeare-Sonetten, die er 2016 veröffentlichte. Ohne Zugaben lässt ihn sein Publikum nicht von der Bühne. Leonard Cohens "Hallelujah", „Over the rainbow“ und „Across the universe“ lösen bei seinen Fans frenetischen Beifall aus und enden in Standing Ovations.
Selbst wenn wirklich einige der 2.400 Gäste wegen der Besichtigung der Elbphilharmonie gekommen sind, kann sich Rufus Wainwright sicher sein, diese als neue Fans dazugewonnen zu haben.
Am Flügel Mark Hummel davor Rufus Wainwright während seiner Judy-Garland-Performance
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Claudia Höhne)
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RUFUS WAINWRIGHT ...
gastierte am 26. März 2014 in der Apostel-Paulus-Kirche in Schöneberg
(Krankheitsbedingt konnte ich leider nicht berichten, anbei ein paar Bilder, die mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden)
Copyright by N.-P. Wiedmann